Ein sündiges Dorf oder: Wie der Schwarze Ochse zu seinem Namen kam

Quelle: Bote von Wilisch Juli 1995 Nr.69

Ein Dorf, es liegt ein wenig versteckt,
das hat den Eindruck erweckt,
als sei der Humor hier geboren,
das stille Dorf heißt Quohren.

Es liegt im Tale ausgestreckt,
manch Ding ward hier schon ausgeheckt,
zwei Schänken findet man hienieden,
wo man die Ränke meistens mochte schmieden.

Der Ort an sich ist nicht sehr groß,
so an fünfhundert Leute bloß.
Drum kann man’s wohl verstehn,
das man hier öfter zur Schänke möchte gehn.

Sollen beide Schänken im Orte bleiben,
muß man den Abend sich hier vertreiben.
Nichts geht wohl über die Gemütlichkeit,
so war’s hier früher schon in alter Zeit.

Der Wirt, der hat auch selber Landwirtschaft,
in der am Tag er fleißig schafft.
Fallen ihm nachts die Augen zu,
dann sehnt sein Körper sich nach Ruh.

Er gab’s den Gästen zu verstehn,
daß man bald möchte gehn.
was nützt die ewge Quatscherei herum,
seine Gäste nahmen’s ihm nicht krumm.

Nicht einer tat dergleichen,
nur einen Schritt zu weichen.
Denn all die Gäste wußten schon,
heut‘ gab’s noch eine Sensation!

Der Regulator an der Wand,
es schien, als war er schneller heut gerannt.
Ruhig hat er weiter getickt,
der Wirt in der Theke, der war eingenickt.

Drum hat er’s nicht empfunden,
wie zwei Gäste sind verschwunden.
Im Finstern vermochten diese
den Weg zu finden,
nach der Kuhslalltüre hinten.

Sie waren wohl hier ein wenig bekannt
und besaßen auch ein wenig Ochsenverstand.
In der Gaststube wurde dann Ruh,
und der Wirt machte seine Kneipe zu.

Dann ging er in’s Bett, spät in der Nacht,
seine Frau war erwacht.
Warst du im Stall, ist alles zu?
fragt sie, warum schreit denn die Kuh?

Ist alles in Ordnung, tu dich nicht sorgen,
Jedoch der Ochse fehlte am
nächsten Morgen.
Es blieb nichts andres übrig dem Herrn,
als den Wagen selber zu zerr’n,

und sich zu plagen
mit dem schweren Futterwagen.
Sorgt sich sehr die Frau,
sie erstattet Anzeige beim ABV.

Der war gar schnell zur Stelle,
jedoch er meint: Der Fall der geht
ins Kriminelle.
Die Kripo kam zur selben Stunde
mit einem abgericht’en Hunde.

Der hatte bald die Spur gefunden,
die der Ochse vom Stall weg hatte
überwunden. Die führte zu
des Dorfbachs Lauf,
hier hörte sie plötzlich auf.

Den Ochsen hatten sie im Bach entlang geführt,
so daß der Hund die Fährte nicht mehr spürt.
Man macht‘ im Dorf sich große Sorgen
von früh ab schon am Morgen.

Viele Leute dachten,
daß sie den Ochsen würden schlachten.
Die Feuerwehr, die Bauern haben ausgespäht
und nicht zuletzt auch wohl die Pietät.

Den Ochsen wollten sie finden,
eh‘ er gänzlich möchte verschwinden.
Einer mochte nicht recht trauen
der ging zur Kipse, in den Wald mal schauen.

Auf einer Wiese im Walde hatte er Glück,
dann eilte er schnell ins Dorf zurück.
Beim Wirte trat ein am Abend nicht spät
der Direktor von des Ortes Pietät.

Er wollte nicht lange warten,
bestellt ein Bier sich und einen Harten.
Er käme von der Kipse draußen rein,
dort stände ein Ochse, das müßte er sein.

Er fräße dort draußen wie ein Bock,
festgebunden an einem Weidepflock.
Er meinte, dort stünde zwar bloß Gras,
wie’s aussieht aber, macht’s dem Ochsen Spaß.

Der Schankwirt, der ist schnell gelaufen,
denn der Ochse wollte schließlich auch mal saufen.
Schließlich trieb er ihn nach Haus,
die Schuld’gen kriegte man nicht heraus.

Man ließ es auch auf sich beruh’n,
denn sie werden’s doch nicht wieder tun.
Völlig finster ist’s in Quohren nicht geblieben,
wer hier das große Kalb hat ausgetrieben.

Ein sündiges Dorf oder
Quelle: Bote von Wilisch Juli 1995 Nr.69

Lesereinsendung von Frau Dora Blechen