Quelle: Bote von Wilisch September 1996 Nr.83
Gar freundlich und sommerlich beschien die liebe Sonne den kleinen traditionellen Dorffestplatz hinter der alten Quohrener Schule, als ich am späten Sonnabendnachmittag in Familie dort eintraf, und es hätte mich in meiner platonischen Liebe zu einem gewissen alten Herren, den man in seiner Zeit Faustus – den Glückhaften – nannte, schon
gar nicht gewundert, denselben in seiner schwarzen Gelehrtentracht mitten im Gewimmel zu entdecken, wie er weiland zur Überwindung einer Schaffenskrise „auf hin-aus ins freie Feld“ schwärmte und schließlich sich im Volksgewimmel sauwohl fühlte – vom Eise befreit die gelehrte Brust, was der schon in der Jugend vertrocknete Scholar Wagner an seiner Seite durchaus nicht nachvollziehen konnte. Dem alten Faust jedenfalls würde das Quohrener Dorffest so recht nach seinem Geschmack gewesen sein.
Nach einer verregneten Woche, in der der Himmel noch bis in die Mittagsstunde des 17. August naßsatte Regenwolken über uns ausgeschüttet hatte, erwärmte die gütig-goldene Himmelsfrau mütterlich die gehorsam trocknende Wiese, die Rücken und Gemüter der – wie mir schien – noch nie so zahlreich zusammengekommenen Leute.
Jubel-Trubel-Heiterkeit quirlte zwischen Peter Pechmanns Schmiede und Herrn Toths friedlichen Reitpferden, es war Zeit zum Sichtreffen und Schwatzen, man trank sein Bier mit Ruhe und Genuß, lobte berechtigt Fischsemmeln, Kuchen und Bratwürste und überließ es den Kindern, die böse Hexe des Dachtheaters niederzuschreien. T-Shirts durften hingebungsvoll und schöpferisch mit und ohne Mutters Hilfe bemalt, aus klitschigem Ton Kaffeetöpfe gedreht und kunterbunte aufblasbare Plastefiguren erklettert werden. Auf kleinstem Raum fehlte nichts, um Alte und Junge. Große und Kleine in trauter Runde gemütlich zu vereinen.
Am Abend wärmte ein gutes Feuer die fröhlichen Gäste und glimmte ihnen früh um 3 den letzten stillen Gruß nach. Ein hübsches Feuerwerk warf leuchtende Funkengrüße über Berg und Höhen. Gibt’s sowas noch? Aber ja – in Quohren, über das schon die unvergessene Eise Nickel liebevoll schrieb:
So freundlich lacht de r Schlüsselblume Gold
von deiner Wiesen Grün,
und über deine Felder, ährenschwer,
streicht Sommerwind dahin.
Doch kommt der bunte Herbst ins Tal.
dann segnet deine Bäume er zumal,
und Frucht an Frucht hängt leuchtend
im Gezweig.
Mein lieber Heimatort –
wie bist du reich!
So traulich winkt,
vom Abendhauch umweht,
der Dächer warmes Rot,
wenn Arbeitsmann und Bauer
heimwärts kehrt,
müd von der Sorg‘ ums Brot.
Schon taucht der Schule Türmchen
in die Nacht,
und nur der Glocke Mahnerstimme wacht:
Vorwärts und aufwärts!
Nutzt die rasche Zeit!
Mein lieber Heimatort,
wie machst das Herz du weit!
Ein liebevolles Dankeschön an alle Organisatoren,
Ausführenden und Spender – bis
zum nächsten Jahr –
von Eurem Wilischboten